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Trauer muss Elektra tragen, O'Neill 

Пятый Театр, Omsk, Russland

"Vergebung. Ich vergebe mir selbst!
Hoffentlich gibt es irgendwo auch eine Hölle für die Guten!"

„Fluch steht hier gegen Fluch / Wer schlug, wird geschlagen / Und wer gemordet hat, fällt / Wer aber reißt den Samen des Fluchs aus diesem Haus“ - in der Orestie des Aischylos fressen sich Schuld und Rache wie ein tödliches Geschwür durch die Generationen des Tantaliden-Geschlechtes. Klytaimnestra erschlägt aus Rache für die den Göttern geopferte Tochter ihren aus dem trojanischen Krieg heimkehrenden Gatten Agamemnon. Ihr zur Seite steht der Fetter des zu Ermordenden Aigisthos, der durch die Bluttat das Unrecht auszugleichen sucht, das Agamemnons Vater dem seinem zugefügt hat. Doch schnell fällt die Rache auf die beiden zurück – Klytaimnestra fällt durch die eigenen Kinder. Orest und Elektra erschlagen die Mutter und deren Geliebten zur Vergeltung des Vaters. Und wieder kann der Teufelskreis der Schuld nicht durchbrochen werden – von Rachegeistern gehetzt flieht Orest im Wahn durch die Welt.

Eugene O'Neill hat Aischylos Tragödien-Zyklus in die Neuzeit übertragen. Seine Trilogie Trauer muss Elektra tragen spielt nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges. Auch hier findet das Morden der Schlachtfelder seine blutige Fortsetzung im inneren der Familie. O'Neills Figuren sind Gefangene der Vergangenheit. Die Toten lassen die Lebenden nicht los. Sie fordern Vergeltung für das erlittene Unrecht. Und so pflanzt sich Leid und Leid immer fort, addiert sich der Durst nach Rache über die Generationen bis ihn O'Neills Titelheldin lebend mit in ihr Grab nimmt, ihn in sich selbst erstickt.

Trauer muss Elektra tragen führt uns eine grausame Welt vor – so furchtbar, dass alle Figuren den Traum in sich tragen, sie endlich und endgültig zu verlassen. Und dennoch gelingt niemandem diese Flucht. Statt dessen quälen sich O'Neills Helden gegenseitig zu Tode – um zumindest sicher zu stellen, dass niemand anderes das erhält, was ihnen selbst verwehrt bleibt. Legitimieren können sie das vor sich selbst und einander unter dem Deckmantel der Pflicht – der Pflicht gegenüber den Toten, gegenüber einer verabscheuungswürdigen Welt, die sie aufrechterhalten und rechtfertigen, anstatt sie zu verändern.

Mit: Vladimir Ostapov, Mariia Dolganeva, Anastasiya Sheveleva, Roman Dryablov, Sergey Shokolov, Dmitrij Makarov, Elena Zaigraeva, Ekaterina Bardysh

Regie: Andreas Merz Raykov

Bühne und Kostüme: Nadezhda Osipova 
Übersetzung: Ekaterina Raykova-Merz

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