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Dogville, von Trier 

Сцена Молот, Пермский академический Театр-Театр, Perm, Russland

"Vielleicht bist du deswegen so traurig. Weil du irgendwo in Versuchung gewesen bist, es wie die Anderen zu machen. Vielleicht hat du Angst davor, dass du genau so bist wie die Anderen?"

Dogville ist ein abgelegenes Dorf in den Rocky Mountains. Die Grundlage seines Wohlstandes, eine alte Silbermine, ist seit langem ausgeschöpft und aufgegeben. Zurückgeblieben sind eine handvoll Familien, die auf dem harten Felsboden, fast vergessen von der restlichen Zivilisation, ein bescheidenes Leben führen. „Die Einwohner Dogvilles waren brave, ehrliche Leute.“ heißt es gleich zu Beginn von Lars von Triers 2003 entstanden gleichnamigen Film. Sie sind nicht die Gewinner der ökonomischen Entwicklung, sondern deren Opfer, sie sind nicht aktive Teilnehmer am gesellschaftlichen Prozess, sondern nur passive Zuschauer – und doch sind sie gute Menschen, und vielleicht ist es zumindest das, was sie vor der restlichen Welt auszeichnet.

Dieses Gutsein aber stellt von Trier auf eine harte Probe. Auf der Flucht vor Gangstern findet die schöne Grace in Dogville ein Refugium. Die Einwohner des Dorfes sind einverstanden, die Fremde bei sich aufzunehmen und vor ihren Häschern zu verstecken. Im Gegenzug bietet Grace ihnen nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern auch ihre ungeteilte Liebe und Fürsorge an. „Es ist diese plötzliche Macht über einen Menschen, die das Dorf korrumpiert.“ erklärt von Trier in einem Interview, „Grace präsentiert sich gewissermaßen als reifer Apfel und wundert sich, dass sie gepflückt wird.“

Grace ist bereit, alles für die Dorfbewohner zu tun, und auch ihnen alles zu vergeben. Und gerade darüber verliert sie Schritt für Schritt an Wert, bis sie entmenschlicht und in Ketten gelegt wie ein Hund, zum bloßen Objekt sexueller Triebbefriedigung degradiert ist. Im Glauben ihnen ihr Bestes zu geben, hat Grace das Schlechteste aus den Menschen von Dogville hervorgekehrt. Und da sie selbst zum lebenden Beweis für dieses Schlechte geworden ist, ist es unumgänglich, dass sich der gesamte Hass des Dorfes auf sie entlädt.

Lars von Trier hat Dogville als Reaktion auf das Brecht-Lied von der „Seeräuber-Jenny“ geschrieben, die als geknechtetes Serviermädchen in einem billigen Hotel schließlich Rache an ihren Peinigern nimmt und eine ganze Stadt auslöschen lässt. Und so bietet sich auch Grace am Ende der Geschichte die Gelegenheit, ein Urteil über die Einwohner Dogvilles zu fällen. Darf das, was ihr angetan worden ist, entschuldigt werden? Gibt es eine gerechte Strafe? Wer ist befugt diese auszuteilen?

Mit: Irina Maksimkina, Aleksandr Goncharuk, Ilya Linovich, Olga Pudova, Lydia Anikeeva, Oleg Vihodov, Aleksei Deryagin, Julia Zacharkina, Mikhail Chudnov

Inszenierung: Andreas Merz Raykov

Übersetzung: Ekaterina Raykova-Merz

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